Mindestens ab 1501 stand an dieser Stelle ein Haus. In dem Haus waren früher eine Brauerei und eine Kneipe untergebracht. Über der Tür steht eine goldene 1723 und in der oberen Reihe der Giebelinschrift steht „24. Aprilis“. Die Zahl 1723 soll auf den großen Brand von Hagen hinweisen, dem auch dieses Gebäude zum Opfer fiel. Die oberste Inschrift besagt: „Nachdem das Alte verbrannt ist, haben wir versucht, ein Neues zu errichten“.
Betrachtet man die im Text hervorgehobenen Großbuchstaben als römische Ziffern und zählt diese zusammen, ergibt sich das Jahr 1725. In diesem Jahr wurde der Wiederaufbau abgeschlossen. Diese „versteckte“ Angabe von Jahreszahlen nennt man Chronostikon und war eine Mode der damaligen Zeit. Im Staatsarchiv in Osnabrück gibt es eine Akte, in der davon berichtet wird, dass es während der Hauseinweihung zu einer großen Massenschlägerei gekommen ist, weil ein auswertiger Zimmerleute sagte, dass die Hagener keine ehrliche Fahne haben. Dieser Eintrag stammt aus dem Jahr 1725 und bestätigt somit indirekt das Jahr der Fertigstellung.
Am Giebel außerdem zu sehen ist ein Posthorn. 1887 entstand hier Hagens erste Poststation mit Kutschenanschluss und Wechselpferden, was für Hagen der Anschluss an die weite Welt bedeutete. Außerdem sind noch zwei rauchende Schlote, ein Hammer und ein Zahnrad abgebildet, sinnbildlich für den Industriebetrieb der Beckeroder Eisenhütte. Des Weiteren sieht man einen Pflug, eine Schaufel und eine Getreideähre als Symbole für den Bauernstand, sowie einen Hammer als Symbol für das Handwerk. Abgerundet wird das Ensemble durch Eichenlaub, das Niedersachsen Ross und ganz oben auch noch eine Sonnenuhr. Die Embleme wurden von dem Hagener Maler Flesch 1930 eingesetzt.
Vom Grüsing zum Hopfenbier
Oberhalb vom Giebelbalken ist ein Männchen abgebildet, welches man früher als Fruchtmännchen bezeichnete. Der Grund dafür ist die Darstellung von Hopfendolden anstelle von Beinen. Zudem trägt die Figur die Tracht der Brauer, was darauf hinweist, dass in der Brauerei Hopfenbier gebraut wurde.
Früher wurde meist mit Grüsing gebraut. Das ist ein braunes Gesöff mit Bestandteilen aus Gagelstrauch, Fliegenpilz oder Tollkirsche. Diese giftigen Inhaltsstoffe sorgten für eine stark halluzinogene Wirkung. Pro Jahr führten die Auswirkungen auf die Trinkenden zu 3 oder 4 tödlichen Messerstechereien, sodass der Osnabrücker Bischoff den Grüsing verbot und nur noch Hopfenbier erlaubt war.
Es gibt eine Liste aus dem Jahr 1911 vom Statistischen Reichsamt, nachdem die Gemeinde Hagen 55 Gastwirtschaften hatte mit dem Vermerk, dass es im Reich wohl keine Gemeinde gibt, die so viele Kneipen pro Kopf habe, wie die Gemeinde Hagen bei Osnabrück. Die Ursache war, dass die Hagener ihr eigenes Trinkwasser nicht trinken wollten. Die Brunnen befanden sich alle südlich der Kirche. Um die Kirche herum lag der Friedhof. Ausflüsse des Friedhofs durch Regen ins Grundwasser wurden bis in die Brunnen gespült und ergaben eine hoch krankheitserregende Mischung. Durch den Brauprozess wurde das Wasser keimfrei. Bier konnte folglich getrunken werden. Noch sicherer war natürlich der Brennprozess, was Brandwein beliebt machte. Hierzu wurde für den Kreis Iburg um ungefähr 1880 eine Liste der Trunkenbolde geführt. Dabei handelte es ich um Personen, denen der Zutritt zu Schankwirtschaften bzw. der Ausschank verwehrt werden musste, da sie zu viel Alkohol tranken. Insgesamt waren das 37 für den gesamten Kreis Iburg, davon allein 14 aus Hagen a.T.W.
Einer muss nüchtern bleiben
Das Nachbarhaus ist die Dorfstraße 6. Es wurde 1870 / 1871 gebaut und heißt „Alte Kreimerei“. Es ist eines der wenigen Häuser in Hagen, in dem sich nie ein Gasthaus oder eine Brauerei befunden hat. Der Besitzer Christian Josef Kreimer hatte 1840 bei der Behörde angefragt, ob er wie seine Nachbarn eine Konzession bekommen könnte, mit der er auch Bier und Brandwein ausschenken dürfte. Die Behörde gab ihm keine Konzession, mit der Begründung, dass „einer im Dorf nüchtern bleiben muss“.
Gut zu wissen
Autor:in
Tourismusgesellschaft Osnabrücker Land mbH
Organisation
Tourismusgesellschaft Osnabrücker Land mbH
Lizenz (Stammdaten)
Tourismusgesellschaft Osnabrücker Land mbH
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